Emmeline de Mooij
Jeder Besuch ist willkommen,
wenn er eine Matratze mitbringt.
In diesem Bunker geht es um Gastfreundschaft. Mit Dank an Emmeline de Mooij. Sie machte drei Matratzenhüllen um zu symbolisieren, dass wenn jemand ein Dach über dem Kopf sucht ‚shelter‘, derjenige dann bei ihr an der richtigen Adresse ist. Diesen Sommer passt für sie in Middelburg alles schön zusammen. Angefangen mit dem Thema von Façade 2022, ‚Freiheit von Angst‘ und dann dass die Zeeländische Hauptstadt ‚shelter city‘ ist, eine von den sieben in den Niederlanden, die Menschenrechtsaktivisten empfängt. Und natürlich die Künstlerin selbst, die Sorgfalt beinahe als Waffe gebraucht bei ihrer Arbeit.
Sorgfalt als Waffe. Das klingt nach feministisch-aktivistischer Kunst
“Nicht immer. Ich habe auch ein Kollektiv zusammen mit Margreet Sweets, FHP, die Feministische Handwerkspartei. Vielleicht passt da der Ausdruck ‚aktivistisch‘ besser zu. Mit der FHP organisieren wir Workshops in öffentlichen Bibliotheken und auf öffentlichen Plätzen. Das Ziel ist, der Arbeit, die Frauen in der Textilproduktion seit jeher verrichten, eine größere Wertschätzung zu Teil werden zu lassen. Wir reichen die Techniken an, um Kleidung zu reparieren und zeichnen die Geschichte der Frauenarbeit auf. Es gibt noch ein Element, wir nennen das die ‚verkörperte Sprechweise‘. Wenn man miteinander spricht, während man mit seinen Händen beschäftigt ist, wie z. B. stricken und häkeln, dann ist das ein schönes entspanntes Gespräch bei dem es auch mal still sein darf. Heutzutage lernt man in der Schule nicht mehr, wie man Socken stopfen muss. Viele Frauen wollen dieses Handwerk nicht mehr erlernen, weil es früher von Kirche und Staat dazu benutzt wurde Frauen zum Schweigen zu bringen. Die Rolle der gebogenen, stillen Frau, die zuhause sitzt, damit wollen Menschen nicht in Verbindung gebracht werden. Machen wir uns das bewusst. Andererseits ist genau dieses Handwerk in unserer heutigen Zeit so wichtig. Dinge gehen kaputt, Sachen müssen gepflegt werden, das ist ein Teil des Lebens, dem zu wenig Wertschätzung zuteilwird“.
“Mit meiner Arbeit befinde ich mich mehr in der Kunstwelt womit ich mich nicht direkt in die öffentliche Debatte stürzen möchte. Ich bin fasziniert von der Geschichte des Handwerks. In den letzten Jahren arbeite ich selbst viel mit Textil: Quilten und Patchwork. Die Techniken hängen mit dem Erfindungsreichtum der Urgroßmüttern zusammen, die von Resten und etwas Stoff was Schönes machen konnten“.
Du arbeitest jetzt an der Serie ‚Die Gästematratze‘, auch ‚The Guest Mattress‘ genannt.
“Kurz bevor die Corona-Pandemie ausbrach, stand die Gastfreundschaft in Europa durch die große Anzahl von Flüchtlingen unter Druck. Die Menschen waren nicht willkommen. Dadurch, dass wir dann in Isolation mussten, konnten wir wieder keine Gäste empfangen. Mit meiner Arbeit würdige ich die verloren gegangene Gastfreundschaft. Wenn Sie eine Gästematratze haben, dann sind Sie offen für unerwarteten Besuch. Ich nenne die Matratzen Serie auch gerne ‚Unterschlupf-Kunst‘. Hoffentlich inspiriert meine Arbeit sanft zu Gastfreundschaft, Schlaf und Erholung. Übrigens geht es bei meiner Arbeit um Hüllen, die um eine Matratze gelegt werden. Ich habe sie mit Patchwork und Quilttechniken bearbeitet. Ich habe schon sieben Stück. Die drei von Middelburg dazu, sind es schon zehn. Ich richte mich mit dieser Arbeit auf das Vertrauen in die Menschheit. So hoffe ich, Besucher der Façade 2022 zu mehr Gastfreundschaft zu animieren und die Angst vor Unbekannten wegnehmen zu können“.
In der Erläuterung des Werkes taucht die Zeeländische Göttin Nehalennia auf. In welchem Zusammenhang steht sie mit dem Werk in dem Bunker?
“Ich las das Buch von Annine van der Meer über Nehalennia. Darin ist Nehalennia ‚sie, die leidet‘ und auch ‚sie, die bei dem tiefen Sumpf am Meer wohnt‘. Sie wurde oft abgebildet mit einem Fuß auf dem Bug eines Schiffes und einem Ruder in der Hand: Sie beschützt Reisende zu Land und zu See. Die alte heidnische Anbetung von Muttergöttinnen ist oft dreifach. Bei Nehalennia ist das auch so. Es gibt die junge Frau, die mit einem Halbmond abgebildet ist, dann die erwachsene Frau mit dem Vollmond und die alte Frau mit dem abnehmenden Mond. Dieses Dreifache habe ich in Middelburg ausgedrückt in drei Matratzenhüllen, die in dem Bunker auf dem Molenwaterpark an der Wand hängen.
Emmeline de Mooij (Delft, 1978) wohnt und arbeitet in Amsterdam. 1999 hat sie ihren Bachelor in Filosofie an der Universität von Amsterdam gemacht. Von 1998 bis 2002 studierte Sie Modedesign an der Gerrit Rietveld Akademie in Amsterdam. 2009 und 2010 besuchte sie das Photo Global Program an der School of Visual Arts in New York und von 2011 bis 2014 wurde sie für das Programm Bard MFA ausgewählt von der Milton Avery Graduate School of the Arts in Annandale-On-Hudson N.Y. Sie machte Einzelausstellungen unter anderem in der Andriessen Eyck Galerie in Amsterdam und dem Centraal Museum in Utrecht.