Jaap van den Elzen
Ein Vogel im Käfig
kann nicht fliegen
Ein starkes Thema, sagt Jaap van den Elzen über Façade 2022. „Freedom from Fear“, ich wurde gebeten darauf zu reagieren. Zuerst habe ich Middelburg besucht, um zu sehen, wo man am besten das Gespräch mit der Stadt angehen kann. Zu der Zeit waren wir noch mitten in der Pandemie. Angst herrschte, das konnte man gut anfühlen in der Gesellschaft. Es war eine gemeinsame Angst. In dieses Thema habe ich mich vertieft, ohne es ausdrücklich der Corona-Zeit anzuhaften.
“Nach meiner Ausbildung an der Design Acadamy in Eindhoven nahm ich 2006 zum ersten Mal an einem Lichtfestival teil. Während Glow wurde die gesamte Innenstadt von Eindhoven von Lichtkünstlern auf den Kopf gestellt. Philips hatte ein paar Lampen übrig und fragte mich, ob ich die gebrauchen könnte? Es waren sogenannte ‚Goboprojektoren‘, so eine Art starker Diaprojektoren. Damals fand ich heraus, wie man auf eine offene und sanfte Weise ein großes Publikum erreichen konnte. In diesem Moment ging bei mir ein Licht auf. Anfang diesen Jahres war ich für ein großes Projekt in Diever in Drenthe. An der Lichtinstallation für ‚The Village of Shakespeare‘ habe ich zweieinhalb Jahre gearbeitet. Ich habe die Strecke vom Dorf bis zum Theater mit Licht verbunden. Keine Farben nur weiß. In der Zeit von Shakespeare hatte man Fackeln und hatte das Licht auch keine Farbe. Dramatiker berücksichtigten damals die Brandzeit von Fackeln, genauso lange dauerte eine Szene. Die Brandzeit habe ich in meinem Werk verarbeitet: ‚To see – or not to see‘. Licht ist mein Material wie Bronze für einen Bildhauer und Farbe für einen Maler. Ich schaffe dynamische Werke, man hat immer den Faktor Zeit und einen räumlichen Kontext“.
“Sehen oder nicht sehen, das kommt in Middelburg zurück. In dem Thema ‚Freiheit von Angst‘ gibt es einen Widerspruch. Freiheit von Angst, die Dualität, da wollte ich etwas mit machen. Ich sah wie Menschen sich vor der Angst verschließen wollten und sich damit auch selbst einschlossen, sie bauten Mauern um sich rum. Das warf in mir die Frage auf: Schließen wir uns selbst ein in einem Käfig? Ein Vogel in einem Käfig ist vollkommen in Sicherheit, aber er kann nicht fliegen“.
“So bin ich zu einer Käfigförmigen Lichtkonstruktion gekommen. Bei de Strationsbrug gibt es an der Seite der Hotels eine Stelle mit besonderen Bäumen. Diese habe ich wegen dem natürlichen Blättereffekt gewählt. Mein Werk steht in Middelburg in der hellsten Zeit des Jahres. Die Bäume schenken Schatten, sodass man auch tagsüber einen Eindruck von der Lichtinstallation bekommt, so schön am Wasser gelegen. Aber natürlich verliert mein Licht gegenüber dem Sonnenlicht. Das Kunstwerk hat somit einen Tag- und einen Nachteffekt, es hat zwei Gesichter. Tagsüber ist es ein physikalisches Objekt im Licht kaum sichtbar. In der Dunkelheit bekommt man ein ganz anderes Bild zu sehen. Wer sich dann in den ‚shelter‘ begibt, wird Teil des Ganzen.
“Die käfigförmige Konstruktion ist aus Stahlträgern gemacht und hat einen Durchmesser von drei Metern und ist drei Meter hoch. Sie können den Käfig freiwillig betreten. Zusammen mit dem elektro-akustischen Komponist Augusto Meijer kreierte ich eine Klangkomposition. Die Klänge und das Licht formen ein Ganzes, sie reagieren aufeinander. Es ist ein Meer aus Klang und Farbe. Sowie ein Komponist mit Musik arbeitet, arbeite ich mit Licht. Klangfarbe und Rhythmus darum geht es bei diesem sound-lightscape Werk, das ich ‚shelter‘ genannt habe. Wer den Käfig betritt, betritt einen beruhigenden Raum, wo alles Elend und alle Angst für die Dauer der Komposition für fast 4 Minuten vergessen werden können.
Dimmen, bewegen, man kann mit Licht spielen. Es wird sicher keine Kirmesvorstellung. Mit Farben möchte ich ein Gefühl von Geborgenheit ausdrücken. Ein Computer treibt das Ganze an. Es sind ungefähr siebzig Meter Led verarbeitet, tausend kleine Lämpchen. Mit den Farben rot, grün und blau mache ich fließende Übergänge zu einer feinen Lichtkomposition“.
Jaap van den Elzen (Boxtel, 1977) ist Lichtkünstler, er wohnt und arbeitet in Eindhoven. Er schloss 2004 sein Studium bei der Abteilung Man & Living von der Design Academy Eindhoven ab. In Auftrag kreiert er Lichtinstallationen für Museen, Festivals und öffentliche Räume. In Zusammenarbeit mit Komponist Anthony Fiumara realisierte er 2009 ‚Waxing, Waning‘, ein sound-lightscape im Musikgebäude aan `t IJ te Amsterdam, bei welchem Licht zum Instrument einer Symphonie wird. Für Glow Eindhoven kreierte Van den Elzen 2018 zusammen mit dem elektro-akustischen Komponist Augusto Meijer ‚Evolution of Light‘, eine interaktive Lichtinstallation.