Kianoosh Gerami
Pluis
Wir müssen alle ein wenig aufwachen
Die drei Hände sind mit Kunststoffdrähten (Vispluis) bekleidet, jede davon ist vier Meter hoch. Vispluis: Kunststoffdrähte, die an Fischersnetzen befestigt werden, um die Netze vor Verschleiß beim Ziehen über den Meeresboden zu schützen. Pro Jahr landen rund 65.000 Kilo davon in den Küstengewässern von Belgien und den Niederlanden. Ein Teil davon wird auf den Stränden angespült. Freiwillige Helfer sammeln das ein und liefern dem Künstler Kianoosh Gerami aus Zierikzee große Mengen davon.
Aus diesem ‘Vispluis’ hat er ein Werk gemacht, von dem eine Warnung ausgeht. Sieh mal, was wir mit dem Meer machen, all das Plastik. Gleich essen Sie Muscheln oder Fisch und mit Sicherheit befinden sich Plastikteilchen darin, die somit im Menschen landen. Das kann nicht mehr lange gut gehen, wir müssen hier etwas verändern!
Die Hände von Kianoosh Gerami wurden schon 2021 in Zierikzee an dem ‚Dikke Toren‘ aufgestellt. Jetzt steht ‚Projekt Pluis‘ im Rahmen von Façade auf dem Abdijplein in Middelburg. Das Werk wurde für die Skulptur-Ausstellung um eine mit Vispluis bekleidete Alarmglocke erweitert. Diese liegt auf den Steinen und kann nicht echt läuten. „Aber jeder wird sie hören“, das weiß der Künstler bestimmt. Die drei Hände machen auch dieses Jahr noch eine Segeltour auf dem Tjalk de Vrijbuiter entlang der Niederländischen Küste in Richtung der Watten Inseln, um auf die durch die Fischerei verursachte Verunreinigung der Meere aufmerksam zu machen. Wer möchte kann nach Vereinbarung mitfahren (Info www.pluis.nu).
Sprechen wir mit einem aktivistischen Künstler? Kianoosh Gerami: „Ich will nicht wirklich ein Aktivist sein. Aber schon ein umweltbewusster Künstler. Wir müssen alle ein Bisschen aufwachen und eine Balance finden für unsere Erde. Es ist höchste Zeit etwas zu unternehmen. Die Lösung liegt auf der Hand. Es wurde Biopluis entwickelt, der sofort benutzt werden kann. Es ist nur so, dass noch viel zu wenig Begeisterung von Seiten der Regierung, den Gemeinden und den Fischern selbst besteht“.
Kianoosh Gerami ist in Kairo geboren. Seit er drei Jahre alt war, ist er in Teheran aufgewachsen. Nach Kunstausbildungen in Teheran und Rom hat er sich mit seinem Partner in Rotterdam niedergelassen. Vor 10 Jahren zog er nach Zierikzee. Spielt der Ägyptisch-Persische Hintergrund eine bleibende Rolle in seinem Leben? „Ja und nein. Das Meiste meiner Arbeit basiert auf der Erforschung meines multikulturellen Hintergrundes. Meine Arbeit basiert auf Nachforschung in Memoiren, Geschichte, Literatur und Kunst aus Ost und West. Ich betrachte mich selbst als einen visuellen Anthropologen.
“Ich vermisse meine Persische Kultur. Aber etwas in meiner DNA bewirkt, dass ich mich nicht schnell an einen Ort klammere. Mein Vater war Diplomat und reiste viel. Ich kann nicht sagen, dass ich Kairo oder Teheran vermisse. Sollten wir morgen beschließen Zierikzee zu verlassen und nach Spanien auszuwandern, dann würde mir das nicht viel ausmachen. Ich bin ein Weltbürger“.
Künstler, Fotograf und Grafikdesigner: “Ich bin vielseitig. Ein multidisziplinärer Künstler. Von Film bis Bildhauen. Ich habe Malerei studiert und einen Master als Illustrator. Ich überlege immer erst was ich machen will und danach wähle ich das Mittel zum Zweck: Bildhauen, malen oder filmen oder eine Kombination davon. In allem was ich mache kann man meine Handschrift erkennen. Ich will nicht, dass es so offensichtlich ist, dass ich aus Persien komme. Aber auf subtile Weise lasse ich es schon durchscheinen, in der Art des Erzählens, oder dem Gebrauch von Symbolen. Hände z.B., die kommen in der alten Persischen und Ägyptischen Kultur viel vor. Sie stehen für die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Darin liegt eine Kraft, ein Geist, den man in jeder Religion wiederfindet“.
Kianoosh Gerami (Kairo, 1981) wohnt und arbeitet in Zierikzee. 2004 rundete er sein Malerei-Studium an der Azad Art University of Teheran ab. Zwei Jahre später machte er seinen ‚Master of Art‘ in Illustration an derselben Universität. Von 2005 bis 2007 absolvierte er ein Malereistudium an der Accademia di Belle Arti di Roma in Italien. Er nahm an zehn Gruppenausstellungen im In- und Ausland teil. 2013 wurde er während einer Kunstshow zum ‚besten jungen Talent‘ nominiert. Vom EK-Studio in Zierikzee aus erfüllt er verschiedene Aufträge, unter anderem Fotografie, Animation und Photoshop für Toonbeeld Terneuzen, zeichnen und malen für Cultuurhuis Kuiperspoort in Middelburg und im Cultuurhuis ZierikC in Zierikzee.